Gut leben - anders leben - aber wie? - Der Bericht
Wie soll ich heute gut leben?
Der zweite Teil der diesjährigen entwicklungspolitischen Gesprächsreihe war unserem Lebensstil gewidmet. Es wurden drei unterschiedliche Entwürfe präsentiert, die einen Aspekt für eine positive Veränderung unserer Art zu leben verköprern. Diese wurden im vollbesetzten Jeningenheim in Ellwangen mit den ca. 150 Besucherinnen und Besuchern diskutiert.
Die Bloggerin Manuela Gaßner versucht, Müll zu vermeiden, wo es geht. Ihre fünfköpfige Familie braucht einen gelben Sack – im ganzen Jahr. Darüber hinaus vermeidet sie durch einen regionalen und saisonalen Einkauf Transportwege und damit den Verbrauch von wertvoller Energie. Dies gelingt durch den Einkauf von Milch in Pfandflaschen und die Herstellung von Lebensmitteln wie Sahne oder Frischkäse, die immer sehr aufwendig verpackt sind. Und von der Zahnbürste aus Holz bis zu den Vesperdosen aus Edelstahl sucht und findet sie Alternativen zu Plastikverpackungen. Ihr Einsatz wirkt offensichtlich ansteckend: Immer wieder, so berichtet sie, kommen Freundinnen und Freunde um von ihren eigenen Erfolgen in der Müllvermeidung zu berichten. Ihre Erfahrungen beschreibt sie in ihrem Blog „Einfach zero waste leben“.
Einen politischen Ansatz präsentierte der ecuadorianische Philosoph David Cortez. Er berichtete, dass in Ecuador das Lebensprinzip des „Buen vivir“ in die Verfassung aufgenommen wurde. Dieses Prinzip räumt der Natur (der „Mutter Erde“) eine ganz neue Rolle ein. Die Trennung von Mensch und Natur soll überwunden werden, weil sich der Mensch als Teil der Natur sieht und damit das Recht verliert, die Natur auszubeuten. „Buen vivir“ bedeutet aber nicht nur, im Einklang mit der Natur zu leben, sondern auch in Vielfalt in der Gemeinschaft. In der Konsequenz bedeutet dies, dass wir unseren Begriff von Wachstum und Entwicklung überwinden müssen. Es muss darum gehen, mit weniger besser zu leben – auch um die Natur und unsere Mitmenschen vor Ausbeutung zu schützen. Eine ausführlichere Beschreibung vom Prinzip des „Buen vivir“ findet sich im Buch von Alberto Costa oder in einer Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung.
Der Kapuzinerbruder Niklaus Kuster beschrieb den Beitrag, den ein Franziskaner für eine Faire Gestaltung von Zukunft geben kann. Er sieht einen Schlüssel in einer weltweiten Verbundenheit und weltweiten Solidarität, wie dies in einem Orden gelebt wird. Wer die Realität und den Reichtum aber auch die Nöte der Schwester und Brüder an anderen Orten wahrnimmt, wird sich solidarisch mit ihnen verhalten. Von Beginn an haben sich die Franziskanerinnen und Franziskaner den Ärmsten zugewandt um ihre Not zu lindern. Für Franziskus spielte auch der Respekt vor der Schöpfung und vor allen Geschöpfen eine große Rolle. Er ruft uns alle auf, unsere Zeit zu nutzen – für eine menschenfreundliche Gestaltung der Welt, für den Schutz unserer Erde und für Stille und Einkehr. Das ganze Statement von Niklaus Kuster steht hier zum Download.
In der Diskussion wurde deutlich, dass es mehr Parallelen in den drei Entwürfen geht, als zunächst vermutet. In allen Ansätzen ist der Ansatz enthalten, dass wir mit weniger Konsum auskommen müssen, um unserer Erde eine Zukunft zu geben. Und die Runde war sich einig, dass dies zu einer höheren Lebensqualität führen würde.
Begleitetet war die Diskussion von einem Markt, in dem sich die Besucherinnen und Besucher über mögliche Engagementformen informieren konnten. Unter anderem waren ein Repair-Café, zwei Bio-Höfe, das Um-Welthaus oder der Weltladen Ellwangen vertreten. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Veronica Gonzalez.