25 Jahre Aktion Hoffnung - ein Grund zu feiern?
In einem Kommentar für die Zeitschrift drs.global der Abteilung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart stellte Anton Vaas das Engagement der Aktion Hoffnung in Zusammenhang zu den aktuellen weltweiten Entwicklungen:
25 Jahre Aktion Hoffnung – ein Grund zum Feiern?
Ende Oktober begeht die Aktion Hoffnung ihr 25 jähriges Jubiläum. Wir finden: Eigentlich ein Grund zu feiern! 25 Jahre Aktion Hoffnung bedeuten nämlich ein viertel Jahrhundert Engagement für die Eine Welt und Schonung unserer endlichen Ressourcen durch das Sammeln von gebrauchten Textilien. Wenn Altkleider nämlich weitergenutzt werden und nicht im Restmüll landen, können hohe soziale und ökologische Kosten in der Produktion der Kleidung vermieden werden.
Aber haben die von der Aktion Hoffnung kofinanzierten Projekte für die Eine Welt positive Effekte erzielen können? Auf der einen Seite schon, denn sie sind eingebettet in langjährige Partnerschaften der katholischen Mitgliedsverbände und Kirchengemeinden. So konnten Freundschaften gestärkt, gegenseitiges Verständnis vertieft und gemeinsamer Glaube gelebt werden. In den Projekten kann aber vor allem individuell geholfen und eine lokale Entwicklung in Gang gesetzt werden.
Auf der anderen Seite merken wir, wie wir nicht nur bei der Projektarbeit, sondern auch im Rahmen unseres Bildungs- und Aufklärungsauftrags an unsere Grenzen stoßen: Dies zeigt sich unter anderem aber überdeutlich an Art und Umfang des Kleiderkonsums hierzulande.
Erinnern Sie sich noch an den Einsturz des Rana Plaza Komplexes in Bangladesch am 24. April 2013? An diesem Tag kamen mehr als 1.100 Menschen ums Leben, als sie in dem Gebäude unter anderem Kleidung für C&A, KIK und NKD nähten. Am Vortag hatte die Polizei wegen Baumängeln den Zutritt zum Gebäude verboten. Um die Aufträge fertig zu bekommen, zwangen die Fabrikbesitzer am Unglückstag dennoch über 3.000 Arbeiterinnen, ihre Arbeit aufzunehmen. Die Folgen waren verheerend.
Unmittelbar nach dem Unglück und im Fokus der Weltöffentlichkeit setzte hektische Betriebsamkeit ein. Zahlreiche uns bekannte Modeunternehmen versprachen, für bessere Bedingungen in der Textilindustrie zu sorgen; die Politik sagte zu, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen und alle, die sich zu Wort meldeten – auch wir Kleiderkonsumenten – waren uns einig, dass sich etwas Grundlegendes ändern müsse.
Knapp vier Jahre nach der Katastrophe im Frühjahr 2017 konnte Christiane Schnura, die Geschäftsführerin der Kampagne für Saubere Kleidung, im Rahmen der entwicklungspolitischen Gesprächsreihe der Aktion Hoffnung in Tuttlingen hingegen wenig Erfreuliches berichten. Laut Schnura haben sich die Produktionsbedingungen de facto nicht geändert. Nach wie vor schuften die Arbeiterinnen in den Fabriken bis zu 60 Stunden pro Woche, grundlegende Arbeitnehmerrechte werden systematisch missachtet und der Preisdruck steigt weiter.
Der Trend zur Fast Fashion ist ungebrochen. Es wird immer mehr immer billigere Kleidung auf den Markt geworfen und von den Kunden konsumiert. Ketten wir PRIMARK, bei denen Jugendliche vor der Eröffnung einer Filiale in Stuttgart Schlange stehen, werben erfolgreich mit Billigstpreisen und erzielen Rekordumsätze. Alleine PRIMARK konnte seinen Umsatz in den letzten zehn Jahren mehr als verfünffachen.
Hier stößt Bildungs- und Aufklärungsarbeit allem Anschein nach an ihre Grenzen. Deshalb ist die Politik mehr denn je gefordert: Unverbindliche Absichtserklärungen, so wie im Textilbündnis formuliert, reichen bei Weitem nicht mehr aus. Es bedarf gesetzlicher Regelungen, um grundlegende Rechte der Näherinnen in den Produktionsländern international durchsetzen zu können.
Doch nicht nur im Textilbereich bedarf es grundsätzlicher Anpassungen. Wir brauchen eine Wirtschaftsordnung, in der ökologische und soziale Kosten, die bei der Erstellung eines Produkts entstehen, in die Preisfindung einbezogen werden. Hier muss die Politik über steuerliche Maßnahmen einen Rahmen schaffen. Andernfalls werden auch in Zukunft die Menschen in den Ländern des Südens für unseren Wohlstand bezahlen – nicht selten mit ihrem Leben.
Trotz dieser teilweise ernüchternden Bilanz dürfen die katholischen Akteure im Eine-Welt-Bereich – die Hauptabteilung Weltkirche, Verbände, Kirchengemeinden – nicht müde werden, sich für einen gerechten Ausgleich zwischen Nord und Süd einzusetzen. Die Aktion Hoffnung will deshalb bei ihrem Jubiläum nicht nur auf die zahlreichen Erfolge in der Projektarbeit der letzten 25 Jahre zurückblicken, sondern ihren Auftrag erneuern, einen Beitrag für eine gerechtere Welt zu leisten.
Anton Vaas, geschäftsführender Vorstand Aktion Hoffnung Rottenburg-Stuttgart